Dini Thomsen – Behausungen

Die Suche nach einem sicheren, vor Wind, Wetter und allen Unbillen des Lebens geschützten Hort gehört zu den menschlichen Urbedürfnissen wie das tägliche Brot. Je nach Gefahrenlage – sei es die Furcht vor Naturgewalten oder vor feindlichen Übergriffen – wird dieser Ort unterschiedliche Gestalt annehmen.

Wer nahe am Wasser lebt, siedelt lieber auf höherer Ebene. Hingegen nutzten mittelalterliche Burgherren das nasse Element als Teil ihrer Befestigungsanlagen. Für alle Arten von Zufluchtsorten findet Dini Thomsen eine archaische Form(el) von zeitloser Gültigkeit.

Mit einfachen, der Natur entlehnten Materialien gestaltet sie „Schutzräume“, die eher an Pfahlbauten erinnern als an steinerne Trutzburgen und die doch im Zusammenspiel mit den Wall- und Grabenanlagen des Moerser Schlosses so wirken als hätten sie hier ihren Platz seit alters her.

Holz liefert den Grundstoff für eine Ansammlung einfacher Hütten, die Dini Thomsen allesamt auf Stelzen setzt und so einige Meter hoch in luftiger Höhe schweben lässt – dem Boden entrückt, aber doch der Erde näher als dem Himmel. Kein verträumtes Wolkenkuckucksheim also, sondern eine irdische Behausung, in der die „eigenen vier Wände“, so spartanisch sie auch ausgestattet sein mögen, einen geschützten Rückzugsort symbolisieren.

Jenseits der formalen Ästhetik dieser Installation, die zugleich auch die Sehnsucht nach dem sogenannten einfachen Leben in natürlicher Idylle beflügeln könnte, gelingt es der Künstlerin, mit ihren „Behausungen“ eine Ahnung von der existentiellen Wucht zu vermitteln, die Menschen trifft, wenn sie ihre Heimat verlassen müssen, vertrieben durch Terror, Kriege, Hungersnöte und schutzlos auf der Flucht in eine ungewissen Zukunft.

Begriffe wie Schutz, Shelter und Sehnsucht nach Geborgenheit sind Themen, die Dini Thomsen immer wieder auf unterschiedliche Weise in ihrem Schaffen aufgreift und visualisiert. So stehen die „Behausungen“ im übertragenen Sinne nicht allein auf weiter Flur, sondern offenbaren ein Anliegen, das sich wie ein roter Faden durch das Werk der Künstlerin zieht.

Eva-Maria Zacharias