Über die allmähliche Verfertigung von Malerei beim Malen laut Lexikon ist die „Malerei ein Zweig der Bildenden Kunst, der mit dem Mittel Farbe Gebilde auf Flächen schafft“. An anderer Stelle wird die Malerei als Flächengestaltung mittels Farbe definiert (Lexikon der Bildenden Kunst, Leipzig 1975).
Zwei Definitionen, die zwar den Vorgang beschreiben, die aber nichts über die Art des Vorgangs, über Vorbereitung, Auslöser und über die Technik aussagen. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts verlor die Malerei immer stärker ihre ursprüngliche Funktion, ein Abbild der von uns umgebenden Welt zu schaffen. Untersuchungen über Farbe und Form gewannen zunehmend an Bedeutung und auch die Materialien wie Bildträger und Farbe wurden wichtig. Eine größere Bedeutung erhielt der Malakt, das Aufbringen der Farbe auf dem Bildträger. Von präzise, kalkuliert und mathematisch berechnet bis hin zu heftig, spontan und schnell spannte und spannt sich der Aktionsbogen.
Neben vielen anderen Themen, wie beispielsweise die Materialität der Farbe, blieb die sichtbare Welt eines der Hauptthemen in der Malerei. Mit den ihm eigenen Mitteln und einer persönlichen Handschrift schafft/gestaltet der Künstler sich sein Bild von der Welt. „Wenn ich schreiben könnte, wenn mir die Worte zur Verfügung ständen, wäre ich Schriftstellerin geworden, so bin ich Malerin.“ (Dini Thomsen)
Dini Thomsen malt vorwiegend ungegenständlich. Aus Strukturen und mit einer auf Grau, Schwarz, Dunkelrot und Blau reduzierten Farbskala entstehen Bilder, die ihren Ursprung in der realen Welt haben. Landschaften, Menschen, Tiere und Gegenstände sind Auslöser, bilden mit ihrer formalen Präsenz den Ausgangspunkt. Immer wird die Imagination des Betrachters angesprochen.
Dini Thomsen gibt nur vor, sie beschreibt vage und läßt dem Rezipienten viel Freiheit in der Interpretation des Dargestellten. Nur manchmal gibt sie in ihren Titeln Hinweise auf den Bildinhalt wie bei den beiden Blättern: „Geschriebene Gestalten“, einer zweiteiligen Arbeit aus dem Jahre 1993. Auf weiß-grauem Grund sind hier mit gestischen Pinselstrichen Formen gesetzt, die an menschliche Gestalten erinnern. Mit weiteren Linien aus kurzen knappen Pinselstrichen ist der Umriß ausgefüllt, manchmal nahezu vollständig, häufiger aber bleibt der Untergrund, der Bildträger, zwischen den Pinselstrichen sichtbar. Die Darstellung, auf zwei Blättern verteilt, kann wie eine Geschichte gelesen werden, die im linken Teil beginnt und im rechten Teil endet. Auch der Farbwechsel von Grau-weiß auf der linken Seite zu Weiß auf dem rechten Blatt könnte sich so deuten lassen. Andere Arbeiten dagegen haben weniger sprechende Titel und lassen auch in der Deutung weitaus mehr Möglichkeiten zu. Beispielsweise das Blatt „Quadrat 1“ aus der Folge von mehreren Arbeiten. Hier wurde als Bildträger ein mittelschwerer Karton gewählt, der mit einer dichten Reihe von Pinselstrichen in Weiß, Grau, Braunrot, Schwarz und Orange bedeckt wurde. Die Farben überlagern sich, verdecken sich dabei an einigen Stellen, lassen dagegen an anderen Stellen, besonders im Randgebiet den Malgrund frei. Zusätzlich wurde Papier aufgeklebt. Es sind Reste, besser gesagt Überreste von früheren Arbeiten, mit denen die Künstlerin nicht mehr zufrieden war und diese zerriß. Der unregelmäßige Umriß der Papiere wurde aufgegriffen und mit Pinselstrichen nachgezogen oder übermalt. Durch den Gebrauch von Gouachefarben erhält der Pinselstrich eine zusätzliche Strukturierung, die vom Duktus unterstrichen wird. Meist wird die Farbe zu den Rändern des Striches hin dunkler und dicker und damit intensiver in der Leuchtkraft, dagegen ist die Mitte des Striches oft nur wie ein dünner Farbfilm und die Farbe verblaßt zu einem Hauch.
Bei der Betrachtung bilden sich Assoziationen zu Sommergärten, aber auch Blumenarrangements, Spielbretter und Bücherwände könnten hier festgehalten sein. Die neuesten Arbeiten von 1994 greifen das Thema „Mensch“ besonders häufig auf. Eine Hand zur Faust geballt und ein Kopf stehen hier jeweils stellvertretend für den ganzen Menschen. Das Buch von Birger Sellin „Ich will kein Inmich mehr sein“, war Anlaß und Auslöser zu einer Reihe von Blättern, in deren Zentrum jeweils ein Kopf steht, der fast das gesamte Bildfeld ausfüllt.
Durch kurze kräftige Pinselstriche hebt er sich holzschnittartig vom Untergrund ab. Bei einigen Blättern ist zusätzlich das Bildfeld mit einem Rahmen aus breiten schwarzen Strichen abgeschlossen. Er ist als Hinweis auf den Autor zu sehen, der in einer abgeschlossenen Welt lebt, in der eigene Regeln und Gesetze herrschen. Auffallend ist bei den letzten Arbeiten die Verwendung der Farbe Schwarz. Sie dient zur Definierung des Gegenstandes, ist bei vielen Arbeiten Hintergrund und steht als Akzentuierung im Bildraum.
„Schwarz ist für mich die wichtigste Farbe überhaupt. Manchmal versuche ich nur mit anderen Farben zu malen, verstecke sogar den schwarzen Farbtopf, aber es geht nicht. Ich brauch das Schwarz im Bildraum, um das Bild selbst festzumachen, um das Bild sozusagen daran zu hindern, zu schweben.“ (Dini Thomsen)